Anleihen sind eine eigene Anlageklasse. Während Du mit dem Kauf einer Aktie zum Unternehmer wirst, bist Du beim Kauf einer Anleihe die Bank. Denn als Anleihekäufer verleihst Du Dein Geld an einen Schuldner, der Dir dafür regelmäßig Zinsen zahlt und Dir am Ende der Laufzeit den Gesamtbetrag zurückzahlt. Soweit zur Theorie. Aber gehören Anleihen auch in Dein Portfolio? Und falls Du Dich für Anleihen entscheiden solltest, wie kannst Du sie kaufen?
Wie Du von steigenden Leitzinsen profitierst
Es geht derzeit Schlag auf Schlag: die Zentralbanken in Europa und den USA heben in kurzen Abständen die Leitzinsen an. Das sind die Zinsen, die Geschäftsbanken bekommen, wenn sie sich Geld bei der Zentralbank beschaffen oder dort Guthaben anlegen. Die Zentralbanken verfolgen damit das Ziel, die Inflation einzudämmen. Die Leitzinsen werden aber immer unterhalb der Inflation liegen.
Der Leitzins verschafft Dir wieder Zinsen auf Tages- und Festgeldkonten
Einige der Banken geben einen Teil der Leitzinsen an Dich weiter, indem sie wieder Zinsen auf Tages- und Festgeld geben. Die Zeiten von Null- oder Negativzinsen auf Deinem Konto sind vorerst vorbei. Da aber die Banken an der Differenz zwischen dem Leitzins und dem Zins, den sie Dir einräumen, verdienen, wird der Zins auf Tages- und Festgeld immer weit unterhalb der Inflation liegen.
Der Leitzins beeinflusst den Zins auf neu herausgegebene Staatsanleihen
Höher, nämlich auf Höhe der Leitzinsen, liegen die Zinsen auf Staatsanleihen. Will sich die Bundesrepublik Deutschland Geld leihen, dann begibt sie Anleihen am Kapitalmarkt. Wenn Du diese Anleihen kaufst, dann leihst Du dem Staat Dein Geld. Im Gegenzug verspricht Dir der Staat, einen regelmäßigen Zinskupon zu zahlen. Der Kupon ist abhängig von der Höhe der Leitzinsen zum Zeitpunkt der Herausgabe.
Der Leitzins beeinflusst den Zins anderer Anleihen
Nicht nur Deutschland begibt Anleihen. Dies tun die Bundesländer, andere Staaten, Finanzinstitute und auch für Unternehmen sind Anleihen eine attraktive Möglichkeit, sich Geld am Kapitalmarkt zu leihen. Der Kupon einer Anleihe ist immer abhängig von der Kreditwürdigkeit des Herausgebers, von der Laufzeit und von den Zinsen am Markt, also den Leitzinsen.
Das Risiko von Anleihen besteht darin, dass der Emittent ausfällt, also die Kupons oder die Rückzahlung nicht leisten kann. Um also Anleihen unsicherer Emittenten für Käufer attraktiv zu machen, werden höhere Kupons versprochen.
Für Anleihen sicherer Herausgeber gilt: der Realzins, also die Differenz zwischen Inflation und Kupon, wird immer negativ sein. Ist der Kupon höher, ist Vorsicht beim Emittenten geboten. Dann ist das Ausfallrisiko ist erhöht.
Wie Du Anleihen kaufen kannst
Genau wie eine Aktie hat jede Anleihe eine eigene Wertpapierkennnummer, und Du kannst Anleihen für Dein Portfolio über deren gesamte Laufzeit kaufen oder verkaufen. Das ist aber leider nicht bei jedem Broker möglich! Wenn Du Dein Wertpapierdepot bei einer Filial- oder Direktbank hast, dann kannst Du einzelne, für Privatanleger geeignete Anleihen kaufen. Bei den Neobrokern ist dies meist nicht möglich, hier musst Du Dir über ETF auf Anleihen behelfen.
Neue Anleihen zeichnen
Du kannst Dich bei Deiner Bank oder bei den Börsen für Privatkunden in Stuttgart oder Frankfurt über Neuemissionen informieren und bei Interesse „zeichnen“, also einen Kaufauftrag platzieren. Wenn Du die Anleihe zugewiesen bekommst, kaufst Du sie zum Nominalwert, erhältst die vereinbarten jährlichen Zinszahlungen und am Ende der Laufzeit den Nominalwert zurückerstattet. Das ist der Trivialfall.
Anleihekauf während der Laufzeit
Der Kurs einer Anleihe schwankt während der Laufzeit der Anleihe. Er kann deutlich über oder unterhalb des Nominalwerts liegen, der auf 100% festgelegt ist. Wenn Du die Anleihe zu mehr als 100% einkaufst, schmälert das Deine Rendite, da Du nur den Nominalwert zurückerhältst. Kurse unterhalb 100% steigern Deine Rendite.
Wie sich Anleihekurse im Umfeld steigender Leitzinsen entwickeln, kannst Du hier nachlesen.
Stückzinsen unterscheiden den Kupon von einer Dividende
Interessant ist ein Blick auf die Kuponzahlungen, wenn Du eine Anleihe während der Laufzeit kaufst. Denn während die Dividende einer Aktie demjenigen voll ausgezahlt wird, der die Aktie am Stichtag besitzt, verhält es sich mit dem Kupon anders. Wenn die Anleihe zwischen zwei Zahlterminen verkauft wird, dann teilen sich Käufer und Verkäufer die Kuponzahlungen auf. Man spricht von Stückzinsen, die Du als Käufer dem Verkäufer der Anleihe zahlen musst.
Mit ETF in Anleihen investieren
Mit nur einem Finanzprodukt gleich mehrere Anleihen für Dein Portfolio kaufen? Das ist über ETF möglich! Diese unterscheiden sich nicht von den ETF aus der Aktienwelt. Du erkennst sie am „Bond“ im Namen, dabei sind „Corp Bond“ Unternehmensanleihen, und „Govt Bond“ Staatsanleihen. Genau wie bei ETF auf Aktien gibt es auch bei Bond-ETF die Unterscheidung zwischen ausschüttenden und thesaurierenden ETF. Es gibt Bond-ETF nach ESG-Kriterien ausgewählt, mit Fokus auf einzelne Regionen, in Fremdwährung, mit und ohne Währungsrisiko.
Achte beim Kauf von Anleihen auf die Gebühren
Bei der Auswahl von Anleihe-ETF solltest Du wie auch bei den Aktien-ETF auf die Kosten achten. Eine geringe Gesamtkostenquote (Total Expense Ratio, TER) schmälert Deine Rendite weniger als es hohe Kosten tun würden.
Wenn Du lieber auf einzelne Anleihen setzt, dann informiere Dich vorab über Mindestgebühren Deines Brokers. Gerade bei kleinen Investitionssummen (dazu zählen auch 500 Euro) könnte eine hohe Mindestgebühr Deine Rendite erheblich schmälern und Du solltest besser auf ETF ausweichen.
Achte bei Einzelanleihen außerdem auf die Liquidität, also die am Börsenplatz verfügbare Stückzahl der gewünschten Anleihe. Die Stückzahl sollte hoch sein (über 1000 Stück), um die Differenz zwischen Verkaufs- und Ankaufspreis, an der der Market Maker verdient, zu reduzieren.
Berechne die Rendite für Anleihen
Für die bequeme Berechnung Deiner erwartbaren Rendite unter Einbeziehung von Kaufkurs, Nominal- also Rückzahlbetrag, Kupon und Stückzins gibt es Anleihe-Renditerechner, die allerdings die Gebühren nicht beinhalten.
Für wen Anleihen geeignet sind
Du hast bis hierher viel über die Theorie von Anleihen gelesen. Gehören sie nun auch in Dein Portfolio?
Sichere Anleihen wie Bundesschatzanweisungen sind verlässliche Renditebringer. Allerdings mit einer Rendite, die deutlich unter der Inflation liegt und damit trotzdem Dein Vermögen schrumpfen lässt. Die Anlage in Anleihen ist aber immer noch besser, als Dein Geld auf dem Tages- oder Festgeldkonto versauern zu lassen.
Anleihen sind für den langfristigen Vermögensaufbau ungeeignet. Für den Aufbau Deiner Altersvorsorge kommst Du an Aktien nicht vorbei. Aber in Anleihen kannst Du das Geld parken, das Du kurz- und mittelfristig benötigen wirst. Wenn Dein Lebensplan vorsieht, in wenigen Jahren eine Immobilie zu kaufen, dann willst Du nicht das Risiko von Aktien eingehen. Sichere Dir in dem Fall wenigstens die Renditen kurzlaufender Anleihen.
Auch wenn Du sehr wenig Risiko mit Deiner Geldanlage eingehen willst, kannst Du Anleihen beimischen. Denke aber immer daran, dass Anleihen negative Realzinsen bringen.
Wie stehst Du zu Anleihen? Befinden sich bereits Anleihen in Deinem Portfolio? Lass uns gern hier in den Kommentaren oder in den sozialen Medien diskutieren.