Gesunde Ernährung, regelmäßige Bewegung und präventive Untersuchungen beim Arzt: das sind die drei Versprechungen für ein langes Leben. Jedem von uns ist klar, dass wir unsere Gesundheit in die eigenen Hände nehmen müssen. Niemand nimmt uns diese Verantwortung ab, denn es geht um unseren eigenen Körper. Was wir essen und trinken, und wie diszipliniert wir Sport treiben beeinflusst direkt unser Wohlbefinden. Heute und in Zukunft.
Eigentlich gilt dasselbe für unsere Finanzen: was wir heute verdienen, konsumieren, sparen, investieren und versichern beeinflusst unser Wohlbefinden heute und in Zukunft. Eigentlich. Aber tatsächlich stecken wir unseren Kopf ganz tief in den Sand, wenn es um die eigenen Finanzen geht. Irgendwo ganz tief vergraben in unserem Bewusstsein ist schon irgendwie klar, dass wir etwas tun müssen. Aber das schieben wir auf der Todo-Liste unseres Alltags immer wieder ganz weit nach hinten. Wird schon gut gehen.
Warum haben es Ernährung und Sport geschafft, zu einem stets präsenten gesellschaftlichen Thema zu werden, die Finanzen aber nicht? Jeder will gesund und fit sein. Schlank, sportlich und achtsam ist das neue Statussymbol. Uns ist vollkommen klar, dass Raucher, Übergewichtige und Couch Potatoes erhebliche Kosten für den Sozialstaat verursachen. Aber es geht kein Aufschrei durch die Gesellschaft, wenn wir uns finanziell vom Sozialstaat abhängig machen. Ganz im Gegenteil: das ist gesellschaftlich akzeptiert, ja man kokettiert sogar damit!
Was muss passieren, damit die finanzielle Gesundheit zu genau so einem Statussymbol wird, wie es Yoga und Meditation, vegane und nachhaltige Ernährung, Sport und Achtsamkeit geworden sind?
Auf dem Weg zu einer besseren Finanzbildung in Deutschland müssen wir zuerst an der größten Hürde arbeiten: den Glaubenssätzen in unserer Gesellschaft.
Das erwartet dich in diesem Beitrag:
Falsche Glaubenssätze behindern unsere Finanzbildung
Glaubenssatz 1: “Die Rente ist sicher”
Das Rentenniveau soll stabil bleiben, das Rentenalter nicht erhöht und die Renten nicht gekürzt. Ach so, und außerdem die Beiträge möglichst nicht erhöht. Aber wie soll es funktionieren? Bereits heute reichen die Beitragszahlungen hinten und vorne nicht aus, viele Milliarden Euro müssen jährlich aus Steuermitteln zugeschossen werden. Doppelte Haltelinien und zusätzliche Zusicherungen in jedem neuen Rentenpaket vermehren nicht das Geld in der Rentenkasse, sondern nur den steuerbezuschussten Anteil. Irgendwer muss die Beiträge schließlich bezahlen.
Blicken wir der Wahrheit also tief ins Auge:
Eines ist sicher – die Rente ist es nicht!
Erst nach diesem kollektiven Eingeständnis wird ein Wandel stattfinden. Denn die gesetzliche Rente wird nur unsere Existenz sichern können. Jeden zusätzlichen Euro für unsere finanzielle Gesundheit im Alter müssen wir Bürger zusätzlich vorsorgen. Die betriebliche und private Altersvorsorge steht dafür bereit.
Meine Meinung
Der neue Gesetzentwurf für eine Förderung der privaten Altersvorsorge ist genau der richtige Schritt. Denn ein staatlicher Zuschuss in einem speziell für die Altersvorsorge angelegten Depot bringt auch den letzten deutschen Sparfuchs an die Börse, erst recht, wenn die Erträge ganz steuerfuchsig erst in der Entnahmephase versteuert werden.
Glaubenssatz 2: “Aktien sind Teufelszeug”
Das mediale Spektrum zwischen Bild und Tagesschau ist sich einig: Börse ist Casino und Aktien sind Spekulationsobjekte. Über Börsencrashs wird mit Wonne berichtet, über Allzeithochs dagegen kein Wort verloren. Die T-Aktie hat in uns Deutschen eine große Wunde hinterlassen. Und unser Kanzler hat sein Geld nur auf dem Sparbuch.
Diese unsachgemäße Verurteilung der Kapitalmärkte wirkt jeder noch so gut gemeinten Initiative zur Finanzbildung entgegen.
Die Börse ist das kombinierte Kraft-Ausdauertraining für unsere Altersvorsorge.
Ohne deren Renditen und den Zinseszinseffekt lassen wir uns wertvolles Geld durch die Lappen gehen. Denn leider sind wir von einer falschen öffentlichen Meinung geprägt. Nur die wenigsten von uns machen sich den Aufwand, sich ein eigenes Bild zu verschaffen.
Deshalb gehört zu einer besseren Finanzbildung der Bürger zuallererst die Finanzbildung der Meinungsmacher. Ich wünsche mir ehrliche Berichterstattung über die Renditen der Kapitalmärkte. Natürlich sollen die Risiken nicht ausgeblendet werden, aber im fairen Verhältnis zu den Chancen dargestellt werden.
Meine Meinung
Mit dem nun startenden Generationenkapital als Unterstützung der gesetzlichen Rentenkasse wird die Kraft der Finanzmärkte die gesetzliche Rente entlasten. Hier geht der Staat als Vorbild voran, der Erfolg wird ihm Recht geben. Das Altersvorsorgedepot und die Generationenrente sind wichtige Schritte zu einer gesellschaftlichen Diskussion über die Nutzung der Kapitalmärkte zur Sicherung unseres Wohlstands.
Mein Beitrag zu besserer Finanzbildung in Deutschland ist mein wöchentlicher Newsletter. In fünf Minuten wirst du börsenschlau. Jeden Sonntag. Kostenlos, unabhängig und qualifiziert.
Maßnahmen für eine bessere Finanzbildung
Mit Finanzbildung verhält es sich wie mit gesunder Ernährung und regelmäßigem Sport: je früher wir starten, desto besser. Je früher wir uns gesunde Gewohnheiten antrainieren, desto leichter bleiben wir dabei und profitieren davon. Das gilt für Sport und Ernährung genauso wie für Finanzen. Je früher wir an der Börse starten, desto stärker arbeitet der Zinseszinseffekt für uns.
Maßnahme 1: Börsenplanspiel an der Schule
Mein Vorschlag ist eine Projektwoche ähnlich dem Planspiel „Schule als Staat“, in der neben den Bausteinen an der Börse die Macht des Zinseszinseffekt in der Praxis vermittelt wird.
- Am Montag werden die Grundlagen von Aktien, Anleihen, Rohstoffen und ETF vermittelt. Dann startet jeder Schüler mit einem Spielbetrag in einem Börsenspiel.
- Von Dienstag bis Donnerstag werden die Börsenereignisse von jeweils 15 Jahren simuliert: Dividendenzahlungen, Börsencrashes, neue Hypethemen, Firmen-Abspaltungen: alles ist dabei.
- Am Freitag lebt jeder Schüler seinen Ruhestand mit dem Lebensstil, den er sich mit dem erwirtschafteten Spielgeld leisten kann.
Diese Projektwoche flankiert den Unterricht, in dem in einem Fach Wirtschaft die Grundlagen zu Konto, Versicherungen, Schulden, Inflation und vielem weiteren gelegt werden. In Mathe könnten die Stunden zu exponentiellem Wachstum mit Fallbeispielen des Zinseszins erklärt werden; in Deutsch Versicherungsverträge gelesen, in Geographie die wirtschaftlichen Kennzahlen einzelner Länder analysiert und in Geschichte die Reaktion der Börsen auf historische Ereignisse durchgenommen werden.
Ein früher Fokus auf Finanzbildung lohnt sich für die gesamte Gesellschaft.
Maßnahme 2: Anreize statt staatlicher Erwachsenenbildung
Für Erwachsene sind die richtigen Anreize ausschlaggebend. Denn der Homo oeconomicus ist schlau genug, Anreize in eigenes Handeln zu übersetzen. Seriöse Bildungsangebote gibt es im Internet bereits genug. Die richtigen Anreize sind, wie bereits oben beschrieben, staatliche Zuschüsse und steuerliche Förderungen.
Anreize sind die einzige Möglichkeit, Finanzbildung in die Breite der Gesellschaft zu tragen. Jede andere Maßnahme der (erzwungenen) Erwachsenenbildung wäre Bevormundung, womit wieder nur Couch Potatoes erzogen würden.
Über die Maßnahmen für bessere Finanzbildung in Deutschland habe ich im Rahmen der Blogparade für den Finanzblog Award 2024 der comdirect nachgedacht.