Es muss ja nicht immer eine große Aktiengesellschaft sein, in die du dein Geld investierst, deren viele verschiedene Geschäftstätigkeiten Du aber gar nicht überblickst. Hast du stattdessen schon mit einer Genossenschaft zur Geldanlage geliebäugelt, weil du dein Geld viel lieber unmittelbarer anlegen möchtest? Vielleicht hast du schon ein Herzensprojekt in deiner Nachbarschaft gefunden, oder ein Projekt mit erneuerbaren Energien, oder ein anderes interessantes Nischenthema, das genossenschaftlich organisiert ist? So wie der FC St. Pauli, aber dazu später mehr…
Das erwartet dich in diesem Beitrag:
Für Ziele, die man gemeinsam in einer Gruppe besser erreichen kann als im Alleingang, gibt es in Deutschland die Genossenschaft. Die Mitglieder der Genossenschaft sind zugleich auch die Eigentümer und erhalten auch Dividenden auf den Erfolg der Genossenschaft. Ist die Genossenschaft also eine attraktive Form der Geldanlage für dich? Und worin besteht der Unterschied zwischen einem Genossenschaftsanteil und einer Aktie?
Genossenschaften als Geldanlage im Vergleich zu Aktiengesellschaften
Was ist eine Genossenschaft?
Genossenschaften werden zur wirtschaftlichen Förderung ihrer Mitglieder betrieben. Sie gehören auch ihren Mitgliedern. Obwohl bei ihnen die Gewinnmaximierung nicht im Vordergrund steht, müssen sie trotzdem wirtschaftlich arbeiten um am Markt bestehen zu können. Wenn du dich mit den Zielen identifizierst und gleichzeitig auch ihr Kunde bist, möchtest du dich vielleicht an einer Genossenschaft zur Geldanlage beteiligen. Um Mitglied zu werden, kaufst du Genossenschaftsanteile. Das ist wie bei einer Aktie, mit der du dir einen Teil eines Unternehmens kaufst.
Genossenschaftsanteile und Stimmrecht
Der Preis eines Genossenschaftsanteils ist festgelegt; meist kannst du auch nur eine begrenzte Anzahl der Anteile kaufen. Mit dem Genossenschaftsanteil kaufst du dir Stimmrecht in der Genossenschaft ein. Aber egal ob du nur einen Anteil oder die maximale Menge erworben hast: du hast in der Genossenschaft immer nur genau eine Stimme. Dieses Prinzip schützt die Genossenschaft vor der Dominanz solventer Mitglieder und vor feindlichen Übernahmen. Das ist der erste Unterschied zu einer Aktie, bei der du mit jedem weiteren Anteilsschein ein weiteres Stimmrecht erwirbst.
Diese Gewinnmöglichkeit hast du mit einer Genossenschaft zur Geldanlage
Manche Genossenschaften zahlen eine Rendite auf die Anteile aus. Auch das ist ähnlich wie bei Aktiengesellschaften, die ihre Aktionäre mit Dividenden am Jahresgewinn beteiligen können. Die Höhe der Genossenschaftsdividende wird auf der Jahreshauptversammlung festgelegt, häufig zwischen zwei und fünf Prozent. Sie ist abhängig von der wirtschaftlichen Lage, kann jährlich schwanken oder auch ganz entfallen.
Diese Gewinnmöglichkeit entfällt bei einer Genossenschaft zur Geldanlage
Während der Preis einer Aktie im Lauf der Zeit steigen oder fallen kann, bleibt die Wertsteigerung bei einem Genossenschaftsanteil aus. Die Gewinnmöglichkeit über den Wertzuwachs entfällt bei einem Genossenschaft zur Geldanlage im Vergleich zu einer Aktie. Denn egal wie der Wert einer Genossenschaft über die Zeit steigen mag: sobald du als Genossenschaftsmitglied austrittst, steht dir nur eine Auszahlung des ursprünglichen Anteilspreises zu. So wird der finanzielle Fortbestand der Genossenschaft gesichert.
Genossenschaften im Alltag
Diese Genossenschaften findest du in deiner Nähe
Du wirst überrascht sein, wie häufig du im Alltag mit Genossenschaften in Berührung kommst! Denn in Deutschland gibt es mehr als 9.000 Genossenschaften! Lass uns kurz einen Ausflug in deine Umgebung machen: Der EDEKA- oder REWE-Markt in deiner Straße ist genossenschaftlich organisiert, ebenso die Volksbank und Raiffeisenbank an der Ecke. Beim genossenschaftlichen Bäcker kaufst du nicht nur deine Brötchen, sondern vielleicht auch die Zeitung taz, die von einer Verlagsgenossenschaft herausgebracht wird.
Du gehst nach Hause in Deine Wohnung, die vergünstig angeboten wird, weil sie einer Wohnbaugenossenschaft gehört. Und vielleicht beziehst du deinen Strom von einem genossenschaftlich organisierten Nachbarschaftsprojekt?
Die erste Genossenschaft im Profi-Fußball
Den Vorteil einer Genossenschaft verstehst du auch leicht beim Blick auf den Profi-Fußball. Der FC St. Pauli braucht Geld, will aber auf die Mitbestimmung der Fans nicht verzichten. Der Club will sich nicht an finanzstarke Großinvestoren verkaufen. Dafür ist die Genossenschaft die perfekte Lösung.
Denn der entscheidende Vorteil von Genossenschaftsanteilen gegenüber Aktien besteht für den Club darin, dass jeder, der Genossenschaftsanteile besitzt, nur eine Stimme hat. Egal wie viel Geld jemand in die Genossenschaft investiert hat: er hat nur eine Stimme. Bei Aktien dagegen steigt die Anzahl der Stimmen mit der Anzahl der Aktien. Folglich haben finanzstarke Investoren bei Aktiengesellschaften viel mehr Entscheidungsmacht.
Demnächst kann sich also jeder Fan einen Anteil an der Genossenschaft zur Geldanlage kaufen und hat dasselbe Stimmrecht wie jemand, der 10, 100 oder 1000 Anteile besitzt.
Die Genossenschaft zur Geldanlage läuft ohne die Börse
Der wichtigste Unterschied zu einer Aktie ist, dass du die Genossenschaftsanteile nicht an der Börse handeln kannst. Der Kaufvertrag findet nur zwischen dir und der Genossenschaft statt. Folglich brauchst du zum Kauf auch kein Depot und kein Verrechnungskonto. Aber der Vorteil des Börsenhandels entfällt: nämlich die Möglichkeit, deine Anteile an der Genossenschaft zur Geldanlage täglich an einem regulierten Markt zu kaufen oder zu verkaufen, und auch die Renditechancen über die Zeit.
Natürlich musst auf die Genossenschaft zur Geldanlage Steuern zahlen
Aufpassen musst du, wenn du Dividenden auf deine Anteile erhältst. Denn du hältst die Anteile an der Genossenschaft zur Geldanlage, also um Erträge auf dein Kapital zu erhalten. Daher unterliegen die Anteile wie jeder andere Kapitalertrag auch der Abgeltungssteuer. Aber diese wird nicht direkt von der Bank an das Finanzamt abgeführt, sodass die Verantwortung zur Meldung an das Finanzamt bei dir liegt. Du musst die Erträge aus deiner Genossenschaft selbst in deiner Steuererklärung angeben.
Gibt es noch weitere Haken?
Ein großer Haken ist, dass dein Geld bei der Anlage in Genossenschaftsanteilen trotzdem an Wert verliert. Denn die Genossenschaften zahlen Dividende, die meist geringer ist die Inflationsrate. Der sogenannte Realzins, also die Differenz von Rendite und Inflationsrate, ist negativ, sodass du mit der Genossenschaft in Wahrheit Geld verbrennst.
Den Kaufvertrag für die Genossenschaftsanteile musst du, wie natürlich jeden anderen Vertrag auch, genau lesen. Denn manche Genossenschaften haben eine Nachschusspflicht in ihren Verträgen verankert, du müsstest bei deren Insolvenz also Geld nachschießen. Dies mag zwar ein unwahrscheinliches Ereignis sein, trotzdem ist ein solcher Passus aus meiner Sicht inakzeptabel.
Vorsicht vor allem vor hohen Renditeversprechen! Wie immer bei der Geldanlage gilt: glaube keinen Versprechungen. Rendite gibt es nur gegen Risiko, das gilt auch bei Genossenschaften. Prüfe vorab, wie lange du dein Geld anlegen musst, bevor du deine Anteile wieder verkaufen darfst und ob die versprochene Rendite auch wirklich realistisch erwirtschaftet werden kann.
Du siehst: die Genossenschaft zur Geldanlage ist ungeeignet. Denn sie unterstützt zwar eine vertrauenswürdige Sache mit gemeinschaftlichem Zweck, aber langfristig verbrennst du leider Geld. Wenn dich weitere Aspekte der Genossenschaft, zum Beispiel das Identitätsprinzip, oder die Prinzipien der Selbsthilfe, Selbstverantwortung und Selbstverwaltung interessieren, dann lies gern hier weiter.
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