Können Aktien wertlos werden?

Durch schlechtes Management, Pech oder Betrug können Aktien wertlos werden. Erfahre Beispiele und Hintergründe und lerne, wie Du Dein Portfolio schützt.

Beim Kauf von Aktien eines Unternehmens wettest Du auf eine positive Zukunft der Firma, mit Marktwachstum, Produkterfolg und ewig steigenden Kursen. Aber leider trifft das nicht immer zu, wie die Nachrichten zeigen. Ich schaue in diesem Beitrag auf einige Ereignisse der letzten Wochen, in denen Aktien wertlos wurden.

Deine Rechte und Pflichten als Aktionär

Mit einer Aktie kaufst Du Dir einen Teil eines Unternehmens. Als Aktionär bist Du Unternehmer mit Rechten und Pflichten. Zu den Rechten zählt das Stimmrecht und gegebenenfalls das Recht auf Zahlung einer Dividende. Du profitierst vom Erfolg Deiner Aktiengesellschaft mit steigenden Kursen. Aber Du haftest als Aktionär auch den Gläubigern gegenüber mit dem Wert der von Dir gehaltenen Aktien und trägst somit das Risiko für Scheitern und Missmanagement Deiner Aktiengesellschaft.

Wie Aktien wertlos werden zeigt das Beispiel Leoni

Die Firma Leoni ist ein börsennotierter deutscher Automobilzulieferer, der Drähte, Kabel und Bordnetz-Systeme fertigt. Aufgrund schwieriger Marktbedingungen benötigte Leoni Geld und entschied sich zum Verkauf seiner Kabelsparte an einen thailändischen Investor. Obwohl der Kaufvertrag längst unterzeichnet war, trat der Investor im Dezember 2022 überraschend vom Kauf zurück. Leoni entging der fest eingeplante Erlös zum Tilgen von Schulden, was die Firma an den Rand der Insolvenz brachte.

Dein Recht als Aktionär bei Insolvenz

Bei einer Insolvenz müssen zuallererst die Zahlungen an die Gläubiger des Unternehmens gewährleistet werden, danach die Arbeitsplätze gerettet werden. Du als Aktionär bist als Gesellschafter des insolventen Unternehmens nicht gesichert und hast kein Recht auf den Wert Deiner Aktien, wie sich bei Leoni zeigt.

Gläubigerschutz und Arbeitsplatzsicherung sind wichtiger als der Aktionär

Gerettet wird Leoni von seinem Großaktionär Stefan Pierer. Dieser übernimmt die Hälfte der Schulden des Unternehmens und schießt weitere 150 Millionen Euro zu.

Durch diesen Schritt wird die unkontrollierte Insolvenz und der Verlust von Arbeitsplätzen abgewendet, allerdings zu Lasten der Kleinaktionäre. Denn Hr. Pierer wird Alleingesellschafter der Leoni AG, das Grundkapital der Firma wird auf null Euro herabgesetzt und die Aktien wertlos von der Börse genommen. Gemäß dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz bedarf es dazu keiner Zustimmung der Aktionärshauptversammlung.

Der Fall Leoni zeigt, dass Gläubigerschutz und Arbeitsplatzsicherung wichtiger sind als der Aktienkurs. Als Aktionär trägst Du das unternehmerische Risiko, bis zum kompletten Verlust Deines Kapitals. Das gleiche Schicksal wie Leoni wird wohl auch Gerry Weber treffen.

Credit Suisse verschwindet von der Börse, die Aktien werden aber nicht komplett wertlos

Die Schweizer Großbank Credit Suisse meldete in 2022 einen Verlust von über 7 Milliarden Schweizer Franken, außerdem wurde vor erheblichen Verlusten in 2023 gewarnt. Der Ruf der Bank war endgültig ruiniert, nachdem der Aktienkurs schon in den letzten Jahren stetig gesunken war. Das Schlimmste, was einer Bank nach einer solchen Nachricht passieren kann, ist ein unkontrollierter Bank Run, bei dem die Kunden sofort ihr Geld abziehen.

Ein Bank Run muss verhindert werden, auch zulasten der Aktionäre

Keine Bank verwahrt Dein Geld wirklich für Dich, sondern sie ist über Finanzprodukte eng mit anderen Banken verwoben. Um nicht durch eine Bank eine neue Finanzkrise heraufzubeschwören, mussten die Kunden der Credit Suisse schnell beruhigt werden. Dies tat der schweizerische Staat, gab umfangreiche staatliche Hilfen und koordinierte die Notfusion mit einer anderen Schweizer Großbank, der UBS, um die Alternativen Verstaatlichung und Insolvenz abzuwenden.

Die bisherigen Credit Suisse-Aktionäre müssen ihre Aktien unter dem Marktwert gegen UBS-Aktien tauschen, danach verschwinden die Credit Suisse-Aktien von der Börse. Auch dieser Zusammenschluss muss nicht von den Aktionären genehmigt werden, sondern geschah staatlich gelenkt um größeres Unheil abzuwenden.

Virgin Orbit wollte hoch hinaus, aber die Pläne zerplatzen wertlos

Gerade junge Firmen und Start-ups, die auf Träume setzen, ihre Technik und Marktreife aber erst nach dem Börsengang entwickeln, riskieren Abstürze ihres Aktienkurses. Jüngst war dies bei Virgin Orbit der Fall.

Nicht jede Firma wird erfolgreich

Bereits eine Milliarde Dollar hatte Virgin Orbit investiert, um den kommerziellen Markt für Weltraumtransporte zu erschließen. Aber leider gab es bisher nur sechs Startversuche mit zwei Fehlstarts, wohingegen die Konkurrenz bereits mehr Starts und ein besseres Geschäftsmodell aufweisen kann. Von ihrem Hoch bei zehn Dollar kurz nach Börsengang ist der Aktienkurs auf wenige Cent eingebrochen. Das ist unternehmerisches Risiko, das Du als Aktionär mitträgst.

Wirecard war der größte Skandal der deutschen Börsenwelt

Der wohl berühmteste Fall von Missmanagement, mutmaßlichem Betrug und Kursabsturz ist Wirecard, bis zu seiner Insolvenz ein deutscher Zahlungsabwickler und Finanzdienstleister, der sogar im DAX notiert war. Der Aktienkurs brach von seinem Allzeithoch um die 200 Euro ein, nachdem erst Scheinhandel und dann gefälschte Finanzunterlagen aufgedeckt wurden.

Wie Du verhinderst, dass Deine Aktien wertlos werden

Informiere Dich regelmäßig über Deine Aktiengesellschaft

Beim Aktienkauf einer Firma hoffst Du auf eine glänzende Zukunft des Unternehmens. Trotzdem sind die wenigsten Einzelaktien dazu geeignet, sie zu kaufen, zu vergessen und nach vielen Jahren hohe Renditen einzufahren. Du solltest regelmäßig die Neuigkeiten zu Deiner Firma lesen und prüfen, ob Deine Erwartungen weiterhin erfüllt werden können. Richte Dir Google Alerts ein, abonniere Newskanäle (zum Beispiel bei finanzen.net), höre Podcasts (zum Beispiel Ohne Aktien wird schwer) oder lies den Wirtschaftsteil Deiner Zeitung aufmerksam.

Handele schnell nach schlechten Nachrichten

Traust Du dem neuen Management, sind neue Wettbewerber aufgetaucht oder kommt der ganze Sektor in Schieflage? Verliebe Dich nicht in Aktien! Warte nach schlechten Nachrichten nicht ab und hoffe auf bessere Zeiten, sondern verkaufe oder setze enge Stoppkurse. Nimm Gewinne mit ohne gierig zu werden.

Potentiell wertlose Aktien stecken in jedem Depot

Und achte auf die breite Streuung Deines Risikos. Leoni, Credit Suisse, Virgin Orbit und Wirecard kommen in jedem Portfolio vor. Wichtig ist nur, dass Gewinne mit anderen Firmen diese Verluste ausgleichen können. Am einfachsten diversifizierst Du über marktbreite Indexfonds (ETF).


Hast Du weitere Beispiele, als Du als Aktionär einen Komplettverlust erlitten hast? Teile dies gern hier in den Kommentaren oder in den sozialen Netzwerken mit mir.

Einige der genannten Aktien kannst Du noch kaufen. Es versteht sich aber von selbst, dass es sich bei den genannten nicht um Anlageempfehlungen handelt.

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