Wie thesaurierende ETF versteuert werden

Thesaurierende ETF reinvestieren die Dividendenerträge in sich selbst. Aber wie genau funktioniert das und wie werden die thesaurierenden ETF versteuert?

Mit börsengehandelte Indexfonds, sogenannten ETF, kannst Du bequem mit nur einem Finanzprodukt von einer breiten Marktentwicklung profitieren. ETF streuen Dein Investmentrisiko über mehrere Aktien, sind kostengünstig, insolvenzgesichert und täglich an der Börse handelbar. Bei der Verwendung der Dividenden kannst Du zwischen ausschüttenden oder thesaurierenden ETF wählen. In diesem Beitrag werde ich Dir die Unterschiede erklären.

Börsengehandelte Indexfonds (ETF) erklärt

Alles beginnt mit einem Aktienindex, also der thematischen Zusammenstellung von verschiedenen Aktien zu einem Korb. Die Kurse der im Korb enthaltenen Aktiengesellschaften werden zu einem gesammelten Kurs zusammengefasst. Dieser Kurs des Aktienindex wird laufend automatisch berechnet. So ergibt sich zum Beispiel der Kurs des DAX, des größten deutschen Aktienindex.

Ein ETF ist nichts anderes als ein Finanzprodukt, das in alle Aktien in diesem Korb auf einmal investiert.

Wie ein ETF einen Aktienindex abbildet

Das Geld, das alle Kunden in diesen ETF investieren wollen, sammelt sich im Fondsvolumen. Je größer das Fondsvolumen, als desto sicherer gilt der ETF, bestenfalls mehr als 100 Millionen Euro. Das Fondsvolumen ist übrigens Sondervermögen und somit vor der Insolvenz des Emittenten geschützt, was den ETF für Dich sicher macht.

Der ETF entsteht, indem der Emittent das Fondsvolumen in genau die Aktien investiert, die im zugrunde liegenden Aktienindex enthalten sind, und zwar in genau der gleichen Gewichtung wie im Index.

Damit der ETF für Kleinanleger attraktiv wird, wird das investierte Fondsvolumen in Anteile geteilt. Der Kurs eines ETF ist der Preis, den Du für einen Anteil zahlen musst. Wenn Du in einen ETF investierst, erhöhst Du das Fondsvolumen und erhältst Anteile an allen Aktien im Aktienindex.

Manche Aktiengesellschaft schüttet einen Teil ihrer Unternehmensgewinne in Form von Dividenden an ihre Aktionäre aus. Was also macht ein ETF mit den Dividenden? Bei der Auswahl des ETF kannst Du Dich entscheiden:

Die Verwendung und Versteuerung von Dividenden in ausschüttenden ETF

Ausschüttende ETF leiten die Dividenden an Dich weiter, Du bekommst diese automatisch auf Dein Verrechnungskonto ausgezahlt. Wie auch bei Dividendenzahlungen von Einzelaktien üblich, führt Deine Depotbank die Abgeltungssteuer (und ggfs. Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer) auf diese Gewinne automatisch an das Finanzamt ab, sobald Dein Sparerfreibetrag überschritten wurde.

So weit, so trivial. Wie aber wirken Dividendenzahlungen in thesaurierenden ETF, die eine Reinvestition der Dividenden versprechen? Und wie werden deren Gewinne versteuert?

Die Verwendung und Versteuerung von Dividenden in thesaurierenden ETF

Wie reinvestieren thesaurierende ETF?

Thesaurierende Fonds lassen die Dividendenerträge immer wieder in das Fondsvolumen zurückfließen. Du erhältst also nicht mehr Anteile am ETF, sondern das Fondsvolumen erhöht sich durch die Dividenden, sodass Deine Anteile mehr wert werden. Dies passiert automatisch, Du siehst das Geld nie auf Deinem Verrechnungskonto.

Aber wenn Du die Gewinne nicht direkt bekommst, zahlst Du dann auch keine Steuern darauf?

Oh doch!

Wie werden thesaurierende ETF versteuert?

thesaurierende ETF

Die eingängigste Lösung wäre, die Abgeltungssteuer erst dann zu erheben, wenn Du den thesaurierenden ETF verkaufst. Denn während Deiner Haltedauer erhöht sich hoffentlich das Fondsvolumen durch Kursgewinne und den Rückfluss der Dividenden, folglich steigt auch der Wert Deiner Anteile. Der Fiskus könnte einfach beim Verkauf die Gewinne versteuern. In diesem Fall aber würde sich Deine Steuerschuld über viele Jahre hinauszögern.

Der Gesetzgeber hat entschieden, lieber jährlich eine Steuer einzubehalten. Für die Ermittlung dieser Steuer wird eine fiktive Wertsteigerung Deines ETF unterstellt, der sogenannte Basisertrag. Er beträgt 70 % des ETF-Wert am Jahresanfang multipliziert mit einem Basiszins, der sich am aktuellen risikolosen Zins von langfristigen deutschen Bundesanleihen orientiert. Auf diesen Basisertrag musst Du im Folgejahr Steuern zahlen, die Dir automatisch vom Verrechnungskonto abgezogen werden.

Werden thesaurierende Fonds doppelt besteuert?

Du hast während der Haltedauer Deines thesaurierenden ETF bereits Steuern auf die Wertsteigerung gezahlt. Das erlöst Dich allerdings nicht von der Abgeltungssteuer, die auf die später tatsächlich realisierten Gewinne beim Verkauf erhoben werden. Aber zahlst Du dann nicht doppelt Steuern?

Nein! Denn damit es für den Anleger zu keiner Doppelbesteuerung kommt, wird die Vorabpauschale beim tatsächlichen Verkauf vom Gewinn abgezogen.

Die Versteuerung von ETF in der Praxis

In den Jahren 2021 und 2022 gab es für risikolose Anlagen keine Zinsen. Der Basiszins war null, also gab es auch keine fiktive Wertsteigerung, die Du hättest versteuern müssen. Die komplette Besteuerung der Wertsteigerung aus diesen Jahren wird erst bei Verkauf anfallen. Folglich hatten thesaurierende ETF in diesen Jahren einen Steuerstundungseffekt.

In 2023 allerdings gibt es aufgrund der Anhebung der Leitzinsen wieder Zinsen auf risikolose Anlagen, weshalb der Basiszins auf 2,55% festgelegt wurde. Im Januar 2024 wirst Du dann einen Teil der fiktiven Kursgewinne wieder versteuern müssen!

Übrigens gilt die jährliche Versteuerung von fiktiven Gewinnen auch für ausschüttende ETF! In der Praxis ist das jedoch nicht relevant, denn die Ausschüttungen mindern die Steuerlast des Basisertrags.

In diesem Artikel bei justetf.com findest Du tiefgreifendere Erklärungen und Rechenbeispiele.

Was ist besser – ausschüttende ETF oder thesaurierende ETF?

Ob für Dich ein ausschüttender oder thesaurierender ETF die bessere Wahl ist, hängt zuallererst von Deiner Vorliebe ab. Wenn Du ganz automatisch ohne Dein Zutun vom Zinseszinseffekt profitieren möchtest, dann wählst Du thesaurierende ETF. Diese sind auch eine gute Wahl, sollten Deine gesamten Kapitalerträge den Sparerfreibetrag nicht überschreiten. Denn dann kannst Du durch die Wahl thesaurierender Fonds die fiktiven Gewinne heute steuerfrei erhalten, was die zu versteuernden Gewinne bei Verkauf in der Zukunft schmälert.

Wenn Du Dich über regelmäßige Ausschüttungen freust, um mit diesen neue Anlageentscheidungen zu treffen oder sie als passives Einkommen zu nutzen, dann wähle ausschüttende ETF.


Über ETF gibt es viel zu wissen. Wenn Du Begleitung auf Deinem Weg suchst, Dir ein ausgewogenes Portfolio aus ETF zusammenzustellen, dann nimm an meiner Masterclass Geldanlage teil. Einen Q&A-Beitrag über ETF habe ich hier zusammengeschrieben.


Wie immer bei Börse in Pink ist dieser Beitrag weder eine Anlageempfehlung noch ersetzt er eine Steuerberatung.

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