Birgt eine langweilige, sichere Anleihe Risiko?

Eine Anleihe ist die vermeintlich langweilige und sichere Schwester der Aktie. Aber birgt eine sichere Anleihe Risiko? Es gibt einiges zu wissen!

Anleihen versprechen risikofreies Investieren mit sicheren Zinszahlungen und sicherer Rückzahlung Deines eingesetzten Kapitals. Klingt perfekt, was könntest Du mehr wollen? Ist es wirklich so einfach? Rendite gibt es nur gegen Risiko, das gilt auch für die vermeintlich sichere Anleihe. Worin also besteht das Anleihe Risiko?

Das Wesen einer Anleihe als börsengehandeltes Wertpapier

Mit Anleihekauf wirst Du zum Kreditgeber

Du erinnerst Dich: mit dem Kauf einer Aktie wirst Du zum Unternehmer, mit allen Rechten und Pflichten. Anders verhält es sich bei einer Anleihe: Mit dem Kauf einer Anleihe begibst Du Dich in die Rolle der Bank, denn Du vergibst einen Kredit an den Herausgeber der Anleihe. Als Anleihekäufer bekommst Du allerdings keine Rechte auf unternehmerische Mitbestimmung, wie das als Aktionär der Fall ist.

Herausgeber („Emittenten“) von Anleihen können Staaten oder Unternehmen sein. Anleihen werden in Tranchen ausgegeben, immer dann, wenn ein Schuldner frisches Kapital benötigt. Du als Käufer einer Anleihe leihst dem Emittenten für eine bestimmte Laufzeit Dein Geld, wofür er Dir regelmäßig Zinsen zahlt. Am Ende der Laufzeit verpflichtet sich der Herausgeber, Dir Dein volles Geld zurückzuzahlen.

Eine Anleihe kannst Du börsentäglich an der Börse kaufen oder verkaufen. Dort entsteht aus der Attraktivität der Anleihe ein Kurs, zu dem Du sie handeln kannst. Soweit, so langweilig und sicher. Aber an der Börse gibt es Rendite nur gegen Risiko. Die Rendite einer Anleihe ist durch den Zins gegeben. Worin besteht also das Anleihe Risiko?

Begriffe in der Welt der Anleihen

Schauen wir uns zuerst die Begriffe aus der Welt der Anleihen genauer an. Anleihen werden manchmal auch Bonds, Schuldverschreibungen, Rentenpapiere oder kurz Renten genannt.

Nennwert und Bonität einer Anleihe

Der Nennwert, oder auch Nominalwert, einer Anleihe ist der Wert, den der Emittent dem Anleger schuldet. Der Nennwert ist folglich der Betrag, den der Herausgeber dem Anleihekäufer am Ende der Laufzeit zurückgezahlen muss.

Die Bonität bezeichnet die Kreditwürdigkeit des Emittenten. Sie gilt als der Maßstab für die Sicherheit einer Anleihe und beeinflusst damit auch die Höhe des Kupons. Denn je schlechter die Bonität ist, desto höher ist das Ausfallrisiko. Und je höher das Ausfallrisiko, desto unwahrscheinlicher ist die Rückzahlung des vollen Betrags am Ende der Laufzeit. Für dieses erhöhte Risiko muss der Emittent einen höheren Zins anbieten, damit die Anleihe für Käufer überhaupt attraktiv zum Kauf ist.

Zinsen und Stückzinsen bei Anleihen

Die Höhe der jährlichen Zinszahlung wird als Kupon bezeichnet. Wenn die Anleihe also einen Nennwert von 1000 EUR hat und 4 % Kupon zahlt, dann erhält der Anleger 40 EUR Zinsen pro Jahr pro Anleihe automatisch auf sein Verrechnungskonto gezahlt.

Interessant ist ein Blick auf die Kuponzahlungen, wenn Du eine Anleihe während der Laufzeit kaufst. Denn während die Dividende einer Aktie demjenigen voll ausgezahlt wird, der die Aktie am Stichtag besitzt, verhält es sich mit dem Kupon anders. Wenn die Anleihe zwischen zwei Zahlterminen verkauft wird, dann teilen sich Käufer und Verkäufer die Kuponzahlungen auf. Man spricht von Stückzinsen.

Anleihen werden zu einem Kurs an der Börse gehandelt

Übrigens haben auch Anleihen einen Kurs, der wie bei Aktien täglich an der Börse, abhängig von der aktuellen Attraktivität der Anleihe im Marktumfeld, festgestellt wird. Der Kurs wird in Prozent vom Nennwert angegeben und sagt aus, wieviel die Anleihe aktuell an der Börse kostet. Liegt der Kurs bei 110 %, musst Du bei Kauf der Anleihe 10 % mehr als den Nominalwert bezahlen; bei 95 % dementsprechend weniger. Folglich tragen Anleihekurse unterhalb von 100 % zu mehr Rendite bei, oberhalb von 100 % fressen sie die Rendite auf.

Im theoretischen Fall eines stabilen Marktumfelds läge der Anleihekurs während der gesamten Dauer der Laufzeit bei 100%. In der Praxis aber, abhängig von den Marktzinsen, kann der Kurs über oder unter 100% steigen. Dabei nähert er sich der 100% an je näher das Laufzeitende, also der Rückzahlungstermin, rückt.

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Das Anleihe Risiko trotz vermeintlicher Sicherheit

Die Anleihe klingt für Dich nach einer absolut sicheren, stressfreien Alternative zu Aktien? Klar, Aktienkurse sind risikoreich, können dafür aber bis in den Himmel steigen. Dagegen sind Anleihen langweilig und vermeintlich verlässlich. Ihre Kurse schwanken weniger als Aktien, die Rendite ist allerdings auch geringer.

Anleihe Risiko #1: Der Emittent

Ein Rating misst die Sicherheit des Schuldners

Anleihen werden von Staaten (Staatsanleihen, Government Bonds) oder Unternehmen (Unternehmensanleihen, Corporate Bonds) ausgegeben. Die Bonität, also die Fähigkeit zur Rückzahlung Deines Kapitals wird in einem Rating festgestellt. Dabei wird die finanzielle Situation des Emittenten analysiert und daraus die Ausfallwahrscheinlichkeit bestimmt. Diese ist die Grundlage für die sogenannte Bonitätsnote, die am Beispiel der Ratingagentur Standard & Poors von AAA (beste Bonität) bis D (zahlungsunfähig) reicht. Deutschland erreicht zur Zeit ein Rating von AAA, ebenso die Schweiz. Die USA werden eine Note darunter mit AA+ bewertet, wohingegen es für Griechenland nur ein BBB- gibt.

Hochzinsanleihen entstehen aus dem Emittentenrisiko

Je schlechter die Bonität, desto höher ist der Kupon einer Anleihe. Daraus ergibt sich die Klasse der Hochzinsanleihen (Junk Bonds, High-Yield Bonds), die zwar höhere Rendite versprechen als eine sichere Staatsanleihe, aber eben zu einem erhöhten Anleihe Risiko, nämlich dem Ausfallrisiko des Emittenten.

Anleihe Risiko #2: Steigende Leitzinsen

Anleihekurse bewegen sich gegen die Intuition

Und was passiert mit dem Kurs von Anleihen bei steigenden Leitzinsen? Gegen die Intuition sinkt der Kurs! Denn bei steigenden Leitzinsen hat das nächste herausgegebene Anleihepaket einen höheren Kupon als das vorherige Paket. Schade, denn damit wird die vorherige Anleihe unattraktiver für Käufer, weshalb ihr Kurs sinkt. Das ist für den Halter der vorherigen Anleihe solange nicht schlimm, wie er nicht verkaufen muss. Denn Kupon und Rückzahlung sind bei guter Bonität sicher. Aber zusätzliche Kursgewinne sind nicht zu erzielen.

Ein Praxisbeispiel für das Anleihe Risiko bei steigenden Leitzinsen

Ein Praxisbeispiel aus dem Frühjahr 2023 beweist eindrücklich, dass sogar vermeintlich sichere US-Staatsanleihen Risiken für die Anleger bergen können. Wie viele andere Banken auch hatte die Silicon Valley Bank das Geld ihrer Investoren zum Teil in US-amerikanische Staatsanleihen investiert. Als die Bank dann frisches Geld brauchte, um ihre Anleger auszuzahlen, musste sie ihre Staatsanleihen vor Fälligkeit zu einem Zeitpunkt verkaufen, als die Anleihekurse niedrig waren. Die Bank konnte beim Verkauf also nicht das gesamte angelegte Kapital ihrer Anleger erlösen, woran sie insolvent ging. Daher empfehle ich Dir, Anleihen bis zu ihrer Fälligkeit zu halten.

Um von der Sicherheit von Anleihen zu profitieren, halte sie bis zum Laufzeitende.

Mein Tipp

Das Anleihe Risiko mit Anleihe-ETF überwinden

Für wen sind Anleihen geeignet?

Anleihen bieten Sicherheit auf Kosten der Rendite. Mit Anleihen wirst Du die Inflation nicht schlagen. Anleihen bieten in vielen Marktphasen einen Kupon, der unterhalb der Inflationsrate liegt. Damit ist Dein Realzins negativ, Dein Vermögen wird nicht wachsen. Aber Anleihen stabilisieren das Portfolio und schwächen Kursschwankungen an der Börse ab. Hier sind 3 Gründe, warum Du trotz Anleihe Risiko in sie investieren willst:

  • Du bist risikoscheu und hast willst die Volatilität von Aktien nicht beherrschen
  • Du hast einen kurz- oder mittelfristigen Anlagehorizont, zum Beispiel weil Du von Deinem Vermögen eine Immobilie kaufen willst
  • Du willst mit steigendem Alter Dein Vermögen absichern

Mit ETF investieren, um das Anleihe Risiko zu minimieren

Du musst Anleihen übrigens nicht einzeln selbst auswählen. Genauso wie es ETF auf Aktien gibt, gibt es auch ETF auf Anleihen. Dabei gibt es große Unterschiede zwischen den ETF auf Anleihen, die alle etwas mit der Fälligkeit der Anleihen im ETF zu tun haben. Lies in meinem Beitrag über Anleihe-ETF, iBonds und Geldmarktfonds weiter, welche von drei verschiedenen Varianten ich empfehle, um das Anleihe Risiko zu minimieren.

Im letzten Beitrag habe ich detailliert beschrieben, wie Du Anleihen kaufen kannst. Anleihefinder, zum Beispiel der Börse Stuttgart, und die bewährten ETF-Datenbanken bei extraetf.com und justetf.com, sind Dir eine große Hilfe. Du kannst auch in grüne Anleihen investieren.


Anleihen sind eine spannende Anlageklasse. Lerne in meiner Masterclass Geldanlage an der Börse, wie Du aus mehreren Anlageklassen Dein eigenes, risikoarmes und ausgewogenes Wertpapierportfolio zusammenstellst. Und dabei auch das Anleihe Risiko überwindest.

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